10.10.2017 Brief an die Ministerpräsidntin Frau M. Schwesig

 

 

i.A. Thea FUNK, Johannesberg 21, 17379 Wilhelmsburg, thea-maus@t-online.de

 

An die Ministerpräsidentin

Frau Manuela SCHWESIG

Schloßstr. 2-4

19053 Schwerin                                                                                03.10.2017

 

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin,

ich wende mich als Vertreterin der Bürgerinitiative „Freie Friedländer Wiese“, aber auch im Namen einer Vielzahl besorgter Bürgern unserer und der umliegender Gemeinden an Sie.

In der „Friedländer Großen Wiese“ welche sich in Vorpommern befindet, sollen gigantische Windparks entstehen, obwohl in der Wiese viele Tierarten leben, die auf der Roten Liste von MV und Deutschland stehen und dadurch geschützt wären. Hier findet man noch den brütenden Rotmilan, den Seeadler, den Fischadler, aber auch den Schreiadler, der in der Wiese seine Nahrung sucht und findet.

Der jährliche große Vogelzug im Frühjahr und Herbst, beansprucht diese wichtigen Flächen der Wiese. Tausende von Gänsen, Enten und Kranichen nutzen die Friedländer Große Wiese als Nahrungshabitat, um sich am Abend im NSG“ Galenbecker See“ einzufinden. Das sogenannte „Konfliktpotential“( Vögel ) zur Windkraft  wurde als gering eingestuft, obwohl nachweislich alles gegen eine Ausweisung von Windkraftanlagen spricht. Schon allein die Anzahl der einzelnen Vogelarten spricht gegen eine Ausweisung von Windkraftanlagen. Die Natur würde dauerhaft zerstört werden, die einzigartige  Flora und Fauna wären unwiderbringbar verloren.

Mehrfach haben die Menschen hier vor Ort Stellungnahmen gefertigt, um ihre Friedländer Große Wiese windkraftfrei freizuhalten.  ALLE Naturschutzverbände,  Naturschutzbehörden, die anliegenden Gemeinden als auch die Landrätin haben sich aus artenschutzrechtlichen Gründen gegen einen Bau von Windkraftanlagen in der Friedländer Großen Wiese ausgesprochen.

Wir wissen um die Problematik der erneuerbaren Energien und stehen der Energiewende, was Windkraftanlagen betrifft, kritisch entgegen. Als Ausgleich haben wir in Wilhelmsburg  zwei Biogasanlagen und  demnächst entstehen zwei Photovoltaikanlagen. Dies ist unser Beitrag zur Durchsetzung des Konzeptes der erneuerbaren Energien.  Für einen Bau von Windkraftanlagen in der Friedländer Großen Wiese haben die Menschen jedoch kein Verständnis und lehnen diese auch ab. Die Menschen hier fordern Artenschutz vor Bebauung. Keine Zerstörung von sensiblen Naturbereichen.

Die Friedländer Große Wiese besitzt zudem einen besonderen Schutz, der leider immer negiert wird. Die EU hat die Friedländer Große Wiese zum faktischen Vogelschutzgebiet erklärt. IBA-Gebiet MV018

Im Zuge der Ausweisung von Vogelschutzgebieten hat das Land Mecklenburg-Vorpommern nur kleine Teile der Friedländer Großen Wiese als SPA gemeldet, was als fachlicher Fehler anzusehen ist, da die Acker- und Grünlandflächen sowie die sonstigen dort befindlichen Biotope einen wesent-lichen Brut- und Nahrungsraum der im SPA „Großes Landgrabental, Galenbecker und Putzarer See“ vorkommenden Vogelarten darstellen und somit in einem engen räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen. Zum IBA-Gebiet noch einige Erläuterungen: Important Bird Areas sind Gebiete, die nach globalen Kriterien als wichtig für den Arten- und Biotopschutz speziell für Vögel eingestuft werden. Die die Friedländer Große Wiese begrenzenden Naturschutz-, FFH-Schutz-, EU-Vogelschutz- und Ramsar-Schutzgebiete werden vereint in dem IBA-Gebiet „Putzarer See, Galenbecker See, Brohmer Berge“. Der internationale Code für dieses Schutzgebiet lautet DE 054; das Gebiet umfasst eine Fläche von 31.510 ha. Es umfasst somit die o.g. Schutzgebiete und zusätzlich die aus vogelschutzrechtlicher Sicht enorm bedeutenden Verbindungsflächen der Friedländer Große Wiese (als Rast-, Nahrungs- und Brutflächen sowie in ihrer Funktion als Flugkorridor zwischen den Schlaf- und Nahrungsplätzen). Das IBA-Gebiet wurde 2002 in das internationale IBA-Verzeichnis aufgenommen. Anhand der für das Gebiet dokumentierten IBA-Kriterien (mehrfach „A“-Status sowie diverse Male „B“ und „C“-Status) wird die nationale und internationale Bedeutung der Flächen für die Erhaltung stark gefährdeter Vogelarten ersichtlich (Kriterien: A – Global vom Aussterben bedrohte Arten, Arten mit beschränktem Verbreitungsgebiet, Bündelung von Wasser-, Meeres- oder Zugvögeln; B, C, D – besondere Artenvorkommen von nationaler bzw. regionaler Bedeutung). Die international ausgezeichneten IBAs stellen eine wesentliche Grundlage für die Ausweisung von Europäischen Vogelschutzgebieten nach der EG-Vogelschutzrichtlinie dar, welche wiederum als eine Grundlage für das Programm Natura 2000 der Europäischen Union dient. Der Europäische Gerichtshof und nationale Obergerichte haben bereits mehrfach die Umsetzung europäischen Natur-schutzrechts danach beurteilt, ob als IBA ausgezeichnete Flächen unter staatlichen Schutz gestellt wurden. Zu den Kriterien für die Ausweisung von Important Bird Areas gilt Folgendes: „IBA bilden das Rückgrat des gebietsbezogenen Vogelschutzes. Sie werden anhand einheitlicher, wissenschaftlich anerkannter Kriterien identifiziert. In IBA müssen bestimmte Arten in festgelegten Mindestbeständen während oder außerhalb der Brutzeit vorkommen. Die Kriterien sind einerseits vollständig kompatibel mit denjenigen, die zur Ausweisung von SPA nach Art. 4 der EU-Vogelschutzrichtlinie bzw….gemäß Ramsar-Konvention herangezogen werden, andererseits aber auch mit denen, die die Bestimmung von herausragenden Gebieten für den Schutz der „Species of European Conservation Concern“…erlauben. Danach sollen die europäischen Staaten bzw. die EU-Mitgliedsstaaten für bestimmte Vogelarten nicht nur dann Naturschutzmaßnahmen ergreifen, wenn die Bestandssituation eine Gefährdung des Arterhalts anzeigt, sondern auch, wenn diese Staaten wesentliche Teile von Arten oder Populationen beherbergen, deren ausschließliches oder hauptsächliches Verbreitungsgebiet auf Europa beschränkt ist. Die besondere Verantwortung des europäischen bzw. staatlichen Naturschutzes für den Erhalt dieser Arten wird also wertbestimmend – auch dann, wenn die entsprechenden Arten nicht in ihrem Bestand bedroht sind. Eingeteilt werden IBA nach ihrer globalen (Kategorie A) oder regionalen Bedeutung (Kategorie B, Europa) oder nach ihrer Bedeutung innerhalb der Europäischen Union (Kategorie C)…“ und weiter „…Relevant für die Ausweisung bzw. die Abgrenzung eines konkreten Schutzgebietes sind…seine Ausstattung an Habitaten, die sämtliche Bedürfnisse (Nahrungsaufnahme, Mauser, Rast usw.) dieser Arten erfüllen sollen sowie die Störungs-freiheit. Es muss also der Gesamtlebensraum der zu schützenden Vögel (Brut- und Zugvögel) in der Gebietskulisse enthalten sein. Zu beachten ist, dass für die Abgrenzung der Schutz-gebietsfläche die Raumansprüche derjenigen Arten zugrunde gelegt werden, die das Gebiet als eines der „zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete“ qualifizieren…“.

Im Zusammenhang mit Bauvorhaben im Bereich ausgewiesener IBA-Gebiete liegen zwischenzeitlich diverse höchstrichterliche nationale und europäische Entscheidungen vor, welche die Bedeutung der IBA-Gebiete für den Artenschutz unterstreichen (siehe auch unter Urteile zu „faktischen Vogelschutzgebieten“ wie z.B. EuGH, Urteil vom 20.09.2007, Az. C-388/05; BVerwG, Urteil vom 27.06.2013, Az. 4 C 1.12; BVerwG, Urteil vom 27.03.2014, Az. 4 CN 3.13; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 14.09.2000, Az. 1 L 2153/99 und VG Schwerin, Urteil vom 17.01.2013, Az. 2 A 27/09).

 

In den vergangenen Jahren  wurde der sich an die Friedländer Große Wiese anschließende „Galenbecker See“ durch EU-Mittel renaturiert. Seit dem nutzen ca.75.000 Großvögel dieses Gebiet, (Tendenz steigend ) 25.000 Kraniche, 15.500 nordische Saat-und Blässgänse dient die Friedländer Große Wiese als Winterquartier. Sie dient aber auch als Schlaf-und Durchzugsgebiet. Zahlreiche Insektenpopulationen, seltene Pflanzen und Vögel  sind bedroht.

Bisher fanden diese Argumente keinerlei Berücksichtigung durch den Regionalen Planungsverband Vorpommerns. Es wurden zwei Windeignungsgebiete in diesem sensiblen Bereich ausgewiesen, obwohl diese angesichts der naturschutzrechtlichen Situationen, gar nicht ausgewiesen werden dürfte.

Frau Ministerpräsidentin, lassen sie den Spruch Mecklenburg-Vorpommern“ ein Land zum Leben“ weiterhin gelten und setzen Sie sich mit Ihrer ganzen Kraft für den Erhalt der „Friedländer Großen Wiese“ ein!

Wir laden Sie gerne noch einmal nach Vorpommern ein, um sich von der Friedländer Großen Wiese ein eigenes Bild zu machen. Der Staatssekretär Herr Dahlemann, nahm dieses Angebot bereits an und konnte sich selbst über die Einmaligkeit der Wiese ein Bild machen.

In der Hoffnung, dass Sie diese Zeilen persönlich lesen und nicht nur eine Standard-Rückantwort erfolgt, hoffen die Bürger der Region, auf Sie. Bisher hat man politisch immer viel versprochen, leider aber  nichts eingehalten. Gerade nach den Wahlen und dem Abschneiden der SPD wäre es doch sehr wichtig, den Menschen hier vor Ort zu zeigen, dass Sie den Willen der Bevölkerung respektieren.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag der Bürgerinitiative “ Freie Friedländer Wiese“

Thea Funk